Auf dem Weg nach New York – Tag 1

Liebe Leser,

24 Stunden sind wir nun genau unterwegs und haben ein Etmal von 110
Seemeilen ersegelt. Das ist nicht wirklich Preisverdächtig. Aber wenn
man den Wind berücksichtigt, den wir gestern und heute Morgen hatten,
ist das wirklich gut! Mit nur 6-8 Knoten wehte es gestern, als wir unter
Groß und Genua aus der Fishing Bay hinaussegelten. Glücklicherweise kam
das bisschen Wind aber zumindest aus Norden, schob uns zusammen mit dem
Strom und etwa 5,5 Knoten Fahrt die ganzen 40 Meilen die Chesapeake Bay
hinunter. An der Mündung der Bay gibt es eine etwa 20 km lange Brücke,
die an zwei Stellen zu einem Tunnel wird. Die Brücke selbst ist nur etwa
10 Meter über dem Wasser und damit auch große Frachtschiffe sie
passieren können, um beispielsweise nach Norfolk zu gelangen, wo sich
ein großer Navy-Stützpunkt befindet, hat man sich anstatt dafür die
Brücke zu erhöhen halt für einen Tunnelbau entschieden. Ein ulkiges
Bild. Ich hab soetwas noch nie gesehen, aber es war sehr beeindruckend,
die LKWs auf der hohen Brücke plötzlich unter der Erde verschwinden und
auf der anderen Seite wieder auftauchen zu sehen.
Gegen 20 Uhr Abends passierten wir den Tunnel/Brücke und segelten hinaus
auf den Atlantik. Der Wind drehte auf Südwest, wehte weiter mit etwa 8
Knoten und schob und gemächlich mit 4,5 Knoten nach Nordosten.
Wir haben uns hier an Bord für einen etwas vom normalen
4-Stunden-Wachtakt abweichenden Wachplan entschieden: Von 22-1 Uhr
wachte gestern Egi, ich übernahm dann die Wache von 1-4 Uhr, dann wieder
Egi von 4-7 Uhr, zwischendurch gemeinsames Frühstück – und nun habe ich
gerade meine letzte Wachstunde während meiner 8-13 Uhr Wache. Vorteil
ist, dass wir so nachts eine Stunde weniger haben, tagsüber eine Stunde
länger schlafen können und an den Stoßzeiten, Frühstück, Mittag- und
Abendessen, zusammen essen können. Das verhindert, dass man – wie es
schon manch einem geschah – nach Wochen auf See an einem anderen Hafen
ankommt, sich durch die abwechselnden Wachtakte wochenlang nicht gesehen
hat und wundert, dass man doch kein Einhandsegler ist 😉

Nun hat der Wind gedreht, kommt genau aus Nord. Gegenan. Doof. Dafür mit
10 Knoten. Erst konnten wir nur Kurs Ost laufen, nach einer Wende nur
Kurs West, jetzt laufen wir etwa 330 Grad. Das hilft schon etwas. Wir
können nur hoffen, dass der Wind noch weiter dreht und wir nicht den
ganzen Weg nach New York kreuzen müssen!

Parallel zu diesem Text lade ich gerade über Kurzwelle eine Wetterkarte
herunter. Bin gespannt, was die bringt. Das Wetter ist auf jeden Fall
angenehm warm, sonnig, herrlich. Jetzt nur noch Wind aus der richtigen
Richtung, bitte!

Unsere Position: 37 Grad 40 Minuten Nord, 075 Grad 14,5 Minuten West.

Viele Grüße!

Johannes

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