Vierter Tag auf See – Noch 35 Meilen bis zur Skyline von New York!

Liebe Leser,

ein letzter Bericht vom Iridium, bevor wir heute abend – hoffentlich! –
in einem Yachthafen liegen und wieder ganz normal Internet haben.

Nur ein 82er Etmal war es die vergangene Nacht, was vor allem an den
flauen Winden aus Süd lag, die uns weiter nur mit etwa 3-4 Knoten nach
Norden schoben. Gestern abend gegen neun hörten wir dann im
Wetterbericht eine Sturmwarnung für "schwere Gewitter". Kurz darauf ging
es auch schon los: Der Himmel zog sich zu, Blitze zuckten im Norden ins
Wasser. Genau dort, wo wir hin wollten. Also drehten wir vorerst auf
Ost, nahmen das Groß weg und ließen uns nur noch von der halb
weggerollten Genua ziehen, die wir kurs darauf ebenfalls wegnahmen, als
das Gewitter näher kam. Ein beeindruckendes Bild war es allemale, aber
auch schon ein wenig beängstigend. Ich hatte zwar auf Maverick hier vor
der amerikanischen Küste schon alle Nase lang ein Gewitter getroffen,
aber noch nie ein zuvor über UKW angekündigtes. Die haben ganz schön
Panik gemacht, die Wetterfrösche. Und was über dem Land herunter kam,
war die Panik auch definitiv wert. Ich glaube, jeder Segler, der
schonmal an dieser Küste unterwegs war, kann bestätigen: Ein Gewitter in
Deutschland ist harmlos gegen das beängstigende Knallen und Donnern
eines Gewitters in Amerika. Der Temperaturunterschied zwischen den
heißen Tagen und kühlteren Nächten scheint es zu sein, der fast jede
Nacht irgendwo am Horizont ein Gewitter zucken lässt. Meist waren das
bei meiner letzten Reise hier in den USA 2006 nur Höhengewitter – aber
das gestern zuckte bis in den Atlantik. Also saßen wir hier unter Deck,
alle Segel unten und alle Schotten dicht. Auf dem Radar konnten wir die
Gewitterfront gut ausmachen. Auch, wohin sie sich bewegte. Obwohl es
vorher noch so aussah, als würde sie direkt auf uns zu ziehen, teilte
sie sich plötzlich genau in der Mitte und zog rechts und links an uns
vorbei!! Was für ein Wunder! Ich konnte es nicht glauben, als sich auf
dem Radar ganz klar in der Mitte des Gewitters eine Spalte öffnete, wir
Segel setzen und genau in der Mitte hindurch fahren konnten.

Den Rest der Nacht blieb das Unwetter bis vier Uhr morgens, dem Ende
meiner Wache, immer noch neben uns und zog dann ab. Gegen Vormittag
schlief der Wind ein, weshalb nun neben mir im Maschinenraum der kleine
Volvo knattert. Noch etwa 15 Meilen bis zum Wegpunkt in der Ansteuerung
des Hafens. Dann noch etwa weitere 20, bis wir – wenn wir einen Platz
bekommen, in der Lincoln-Harbor-Marina am Hudson-River, gegenüber der
Skyline von Manhattan festmachen. Vielleicht kommt bis dahin ja auch
noch ein klein wenig Wind auf. Das Knattern und vor allem Selbersteuern
nervt. Unsere Monitor-Selbststeueranlage funktioniert nur solange wir
segeln. Wir wir schon an der Mündung der Chesapeake Bay festgestellt
haben, sind beide Kompasse der alten Autohelm-Pinnenpiloten kaputt.

Die Fliegenplage, von der ich gestern geschrieben habe, geht weiter. Wie
es scheint, haben wir nicht alle selbst mitgebracht, sondern sie kommen
von Land her zu uns herüber geflogen. Erstaunlich, weil wir zum Teil
über 20 Meilen von der Küste weg waren. Gestern hielt ich den Highscore
– Egi hatte etwa 20 Fliegen erlegt, ich um die 30. Heute hat Egi bereits
gewonnen: Im Morgentau waren ganz viele Fliegen, Mücken und sonstiges
Geflatterzeugs gelandet. Auch ein paar echt dicke Brummer, das gibt
extrapunkte. Er brauchte nur mit dem Handtuch draufschlagen – und ich
hatte keine Chance mehr, seine Punktzahl einzuholen.

Morgen melde ich mich aus New York – dann hoffentlich auch mit Bildern!

Johannes

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