Zweiter Tag auf See – Erst Gegenwind, dann Flaute …


Liebe Leser,

so kurz vor der Abfahrt gab es gestern doch noch einiges zu erledigen.
Erst gegen 4 Uhr nachmittags haben wir die Lincoln Harbor Marina in
Jersey verlassen. Vorbei an der Skyline von Manhattan segelten wir noch
einmal dicht an der Freiheitsstatue vorbei und erreichten gegen 7
Uhr abends die Verrazano-Narrows-Bridge und damit den Atlantik. Noch vor
der Brücke an der Mündung des Hudsons stand der Wind von Osten gegenan.
Wir mussten kreuzen und wurden dabei von der „Queen Mary 2“ überholt,
die gerade aus dem Hafen auslief. Auch die ganze Nacht durch kreuzten
wir gegen hohen Seegang aber verhältnismäßig schwache Winde nach Osten,
begegneten zwei großen und gleichmäßig beleuchteten Schiffen, die
aussahen wie Flugzeugträger. Einem davon kam ich während meiner
Nachtwache von 1-4 Uhr ziemlich nahe.

Heute Morgen begrüßte mich der Atlantik beim Wachwechsel um 7 Uhr mit
einer Flaute und zugleich hohen Dünung, die die Segel nervig von einer
Seite auf die andere Flappen ließ. Zeitgleich tuckerte ein Fischkutter
mit voller Fahrt genüsslich auf uns zu, die wir uns auf der Stelle im
Kreis drehten. Offenbar hatte der Kutter den Autopiloten eingelegt und
war in der Kombüse Kaffee kochen. Schnell den Motor an und ihm aus dem
Weg. Wollte ihn schon anfunken, aber das hätte er wahrscheinlich eh
nicht mitbekommen. Unglaubliche Szenen, die sich hier auf dem Atlantik
abspielen …

Da der Motor nun schonmal lief, tuckerte ich fast zwei Stunden gegen
hohe Wellen an nach Osten, während Egi hundemüde in der Koje verschwand.
Gegen hohe See zu motoren macht mit diesem 9-Tonnen-Schiff, das mit 27
PS recht mager motorisiert ist, keinen rechten Spaß, aber nach der
elendigen Kreuzerei der vergangenen Nacht war es schon schön, mal in die
richtige Richtung zu fahren. Irgendwann fand ich ganz schwachen Wind und
setzte Vollzeug: Groß, Genua und Stagsegel. Der Wind nahm zu und wir
konnten mit 4 Knoten gen Nordosten segeln. Da ist zumindest schonmal ein
„ost“ drin.

Jetzt ist Egi gerade wach geworden und scheint ausgeschlafen zu sein.
Dafür bin ich nun ziemlich gerädert, werd nach dem Frühstück gleich in
der Koje verschwinden. Erster Positionseintrag in die große
Atlantikkarte. Ich möchte gar nicht ausrechnen, wieviele Meilen wir seit
der Abfahrt vor 20 Stunden in Richtung Ziel gut gemacht haben. Ich denke
nicht mehr als 35. Das fängt ja gut an. Sicher werden wir noch einige
Tage brauchen, bis wir wieder voll im Trott sind und uns in das
Bordleben eingelebt haben.

Bis morgen!

Johannes



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