Yacht-Consulting. Fragen? Aber gern!

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Ich bekomme haufenweise Emails und Anfragen von Seglern, die ein Boot kaufen, es ausrüsten oder auf Langfahrt gehen wollen. Klar, dass sie dabei gern Hilfe in Anspruch nehmen würden – und ist es nicht schön, wenn man einen Ansprechpartner hat, der bei jeder Frage nur einen Mausklick entfernt ist und selbst schon ein paarmal das gemacht hat, was man machen möchte? 

Diese Fragen haben über die Jahre jedoch einen Umfang angenommen, dass ich irgendwann nicht mehr damit klarkommen konnte und die Reißleine ziehen musste. Daraus ist ein neues Konzept entstanden, dass euch und uns jedem gleichviel Freude bereiten soll. Und natürlich könnt ihr mir und uns gern weiterhin Fragen schicken und wir antworten. Den Hintergrund könnt ihr hier nachlesen:

 


Bahamas, 19. Februar 2017

Wer ein Schiff kaufen und für Langfahrt (oder auch nur für ausgedehnte Sommertörns) ausrüsten will, steht vor einer Menge Fragen. Zu den Themen gibt es zwar Bücher zuhauf und auch die Segelmagazine befassen sich immer wieder mit allen möglichen wichtigen Themen. Doch mit welchem Buch anfangen? In welchem Heft stand nochmal was? Und ist es nicht viel besser, wenn man jemanden hat, der sich auskennt und den man fragen kann?

Seit ich im Alter von 14 Jahren einen Schatz an 40 Jahren YACHT-Heften geschenkt bekommen habe, bin ich eine Art wandelndes Segel-Lexikon. In meinen fast sieben Jahren als Redakteur und Autor bei der YACHT habe ich immer wieder meine Kollegen damit geschockt, dass ich auf wenige Ausgaben genau sagen konnte, wo und wann in den 70er oder 80er Jahren mal was gestanden hat. Von meiner ersten Jolle bis zum jetzigen 43-Fuß-Katamaran habe ich in meinem jungen Leben (31 Jahre alt) insgesamt 11 Schiffe gekauft und besessen. Zehn davon waren Dickschiffe und die meisten Boote habe ich in Eigenarbeit überholt, einige komplett restauriert und neu aufgebaut. Unser Langfahrtschiff „Maverick too“ war praktisch bis auf den leeren Rumpf ein kompletter Neubau.


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Nach zwei Jahren Refit aus der Halle, 2014

Technisches Verständnis und Sachverstand habe ich sowohl im Schiffbaustudium (4 Semester), auf all den eigenen Booten und in den Jahren bei der YACHT gelernt. Bei der YACHT habe ich auf den Bootsmessen in Hamburg, Düsseldorf und Friedrichshafen Vorträge zum Thema Langfahrt, Bootskauf, Bootsausrüstung und vieles mehr gehalten. Außerdem war ich in der Redaktion der Gebrauchtboot-Experte und habe die meisten Artikel zum Thema Gebrauchtbootskauf geschrieben. Nebenbei war ich der Mann für Social Media und die Segler-Bloggerszene, denn ich habe schon im Jahr 2005 von meiner ersten Atlantiküberquerung gebloggt, als es noch keine Szene gab.

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Auf Vortragstour mit Land Rover Live, 2008 – 2016

Nebenbei bin ich viermal (Update) fünfmal über den Atlantik gesegelt (einmal sogar einhand), habe Schiffe ausgerüstet und überführt. In der Karibik kenne ich mich ganz gut aus. Die US-Ostküste und die Bahamas  kenne ich besser als die Ostsee, fühle mich dort zuhause. Mit dem gesammelten Wissen habe ich Segelhandbücher überarbeitet, technische Texte für Yachtbroker ins verständliche Sprache gebracht und für Jimmy Cornell sogar mal einen Segelatlas übersetzt. Selbst im Fernsehen bin ich etliche Male gewesen, um Zusammenhänge aus dem Yachtsport zu erklären. Wie zum Beispiel eine Automatik-Schwimmweste.

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Übersetzung gängiger Floskeln in Gebrauchtboot-Annoncen. Verfasst für die YACHT, 2010

Kurzum: Seit Jahren bekomme ich jede Woche eine Menge Emails. Leute melden sich, die unseren Blog verfolgt haben und nun selbst vor der Wahl eines Bootes, eines Ausrüstungsstück oder einer Reiseroute stehen. Oder Segelblogger werden wollen. Und ich verwende immer wieder große Teile meiner Freizeit darauf, diesen Leuten ausführliche Antworten zu schreiben, sie umfassend zu beraten. Daraus ist über die Jahre eine Art Yachtkauf-Consulting geworden. Eine Dienstleistung, die immer wieder in Anspruch genommen wird. Nur, dass ich das alles freiwillig und unentgeltlich mache.

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Vortrag über Gebrauchtbootkauf, Boot Düsseldorf, 2011

Das hat aber im Laufe der Jahre immer mehr Zeit meines Lebens eingenommen – und statt abends mit Cati einen Film auf dem Laptop zu schauen, war ich dann manchmal am tippen. Die Anfragen wurden immer häufiger und umfangreicher. Ich sollte komplette Energie-Managements auf Yachten überarbeiten, Langfahrttauglichkeiten von Yachten einschätzen. Einige Leute haben mich unterwegs auf unserer Atlantikrunde mehrfach auf dem Handy angerufen, mir Bilder von Yachten geschickt, die sie gern kaufen würden. Und ich habe beraten. Dinge zu bedenken gegeben. Eingeordnet, wieviel Geld für die Wartung einer Yacht in den nächsten Jahren fällig wird, eingeschätzt ob sich hinter Verkaufsannoncen von Schiffen ungeschliffene Diamanten oder Wracks verbergen. Für einen Österreicher, der sich einen Katamaran bauen lassen wollte, habe ich sogar eine Werft in Norddeutschland besichtigt und ihm eine Einschätzung geschickt.

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Als Korrespondent der YACHT beim Barcelona World Race, 2011

Die Beantwortung dieser vielen Mails hat mit den Jahren nicht nur immer mehr Zeit eingenommen, sie wurde auch immer verrückter. Und vor allem: In nur etwa 10 Prozent der Fälle habe ich danach wieder von den Leuten gehört oder für meine Antwort ein „Danke“ bekommen. Geschweige denn einen Ausgleich des geleisteten Aufwands.

Wir haben mal irgendwann rechts oben auf der Seite die Kaffeekasse eingeführt. Einige Menschen haben dort tatsächlich für die geleistete Beratung ein paar Euro hineingeworfen. Aber wirklich die Wenigsten. Da fragt mich zum Beispiel mal ein Mann, was er an Ausrüstung in sein Schiff bauen soll. Später finde ich heraus, dass er sich eine nagelneue Oyster gekauft hat. Für eine knappe Million Euro. Kaffeekasse? Fehlanzeige.

Es gab aber auch durchaus sehr positive Folgen: Eines Tages kam mal per Post für eine mehrstündige telefonische Kaufberatung eines 42-Fuß-Schiffs als Dank eine Flasche hervorragenden Weins und zwei Flaschen guten Biers. Wir haben uns riesig über diese Wertschätzung der Arbeit gefreut!

Aber andere Leute wurden hingegen immer dreister. Etwa mit Beginn unseres Refits meldet sich ein Mann in etwa meinem Alter bei mir, der ein baugleiches Schiff hat und sich deshalb wohl irgendwie verbunden fühlt. Für so ziemlich jeden Bauabschnitt unseres Refits hat er spezielle Fragen, die ich alle beantworte. Irgendwann findet er sogar meine Handynummer auf der Website und beginnt mir Fragen über Whatsap zu stellen. Trotzdem wirft er niemals etwas in die Kaffeekasse.

Nach drei Jahren kommt irgendwann die Frage: „Ich habe gelesen ihr wollt jetzt Charter fahren. Meine Frau und ich haben das auch überlegt mal irgendwann in der Zukunft zu machen. Kannst du mir mal alle wichtigen Punkte zusammenschreiben, die man dabei beachten muss?“ Da stutze ich. Und aus akutem Zeitmangel antworte ich nicht mehr. Denn nur, damit er davon Träumen kann irgendwann mal so etwas zu machen, setze ich mich keine anderthalb Stunden an den Computer und schreibe alle meine Gedanken nieder. Für Fragen, die gar nicht wirklich akut sind. Es scheint mit, als hätten einige Leute  begonnen, meine Gutmütigkeit und mein Hilfsbewusstsein „von Segler zu Segler“ auszunutzen – weil sie zu faul geworden sind, um zu googeln.

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Johannes führt bei „1, 2 oder 3“ die Funktion einer Automatikweste vor

Als wir dann allerdings zwei Wochen später das Crowdfunding für die DVD starten, ist es seine Ehefrau, die als erste in der Öffentlichkeit unserer Facebook-Seite unter den Post kommentiert „Also eigentlich würden wir sowas ja unterstützen. Aber von euch bekommt man ja noch nichtmal eine Antwort, wenn man euch eine Frage stellt.“ Als ich sie dann anmaile und den kompletten Schriftverkehr mit ihrem Mann (mittlerweile 25 Din-A4-Seiten) hintereinander kopiere, ist ihre Reaktion mich bei Facebook zu blocken …


 

Kurzum: Die Beantwortung von Fragen ist im vergangenen Jahr sehr mit Frust verbunden gewesen. Ich habe mit großer Freude begonnen, weil ich anderen Seglern helfen konnte. Aber zuletzt nahm sie so viel Zeit ein, die ich eigentlich dafür hätte nutzen sollen, Geld durch das Schreiben von Artikeln für die YACHT zu verdienen. Denn das Geld war für uns auf der Reise mit „Maverick too“ immer viel zu knapp.

Und trotzdem tut es mir wirklich, wirklich leid, wenn Leute uns Fragen gestellt haben und noch immer auf eine Antwort warten. In Anbetracht der Menge an Nachrichten, die mich erreicht haben, ist wirklich viel hinter den Tisch gefallen … Das konnte ich einfach nicht alles noch nebenbei leisten.

Als wir vor zwei Jahren dann in den Exumas unterwegs waren, hat uns ein Amerikaner zu sich an Bord seiner Hallberg Rassy eingeladen. Beim Bier haben wir ihn (Steve) dann gefragt, wie er zu dem Schiff gekommen ist. „Das war der Knaller!“, sagte er, „da war dieser Segelbuchautor, der bot an mich beim Kauf zu beraten. Für nur 500 Dollar bietet der eine komplette Kaufberatung an.“ Das war das erste Mal, dass ich sowas gehört habe. „Irre billig. Das Schiff hat 200.000 Dollar gekostet. Da fallen doch so’n paar Kröten gar nicht auf. Dafür konnte ich ihm jeden Tag eine Mail schicken und hatte am nächsten Tag die Antwort auf meine Frage. Wahnsinn.“ Inzwischen nimmt der Mann für den Service 750 Dollar.

Über diese Worte habe ich in den letzten Monaten öfter nachgedacht. Immer dann, wenn ich mit schlechtem Gewissen Mails beantwortet habe, die schon seit längerer Zeit auf dem Rechner lagen. „Deine Mails beginnen immer mit ‚Sorry für die späte Antwort'“, schrieb mir mal einer. Klar, zunächst stand halt immer die Arbeit auf dem Plan, die Geld einbringt. Von irgendwas müssen wir ja Leben. Und wenn dann noch Zeit war, habe ich Fragen beantwortet.

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Mitten in der Recherche, 2015

Deshalb haben Cati und ich heute darüber gesprochen, dass wir in der Beantwortung von Fragen etwas ändern müssen. Einmal, um die Flut an Mails und Fragen einzudämmen – vor allem aber um sicherzugehen, dass die wirklich ernst gemeinten Anfragen auch zeitnah beantwortet werden.


Yacht-Consulting: Fragen? Aber gern!

Deshalb der Vorschlag: Für jede Fragemail 50 Euro in die Kaffeekasse werfen. Für die meisten Mailfragen sitze ich mit Recherche und Beantwortung zwei Stunden. Ich finde das keinen sonderlich hohen Stundenlohn.

Für Bootskauf-Komplettberatung oder eine sonstige Fragen-Flatrate 500 Euro. Ihr könnt dann ein Jahr lang fragen, was ihr wollt – und habt meist am nächsten, allerspätestens am übernächsten Tag die ausführliche Antwort.

Deal? Dann los. Hier gehts zur Kaffeekasse. Einfach Geld einwerfen, Frage an mail@johannes-erdmann.com stellen – und die Antwort kommt in den nächsten 48 Stunden. So haben wir alle Freunde daran.

Wer in den letzten paar Jahren schon einmal etwas in die Kaffeekasse geworfen hat: Einfach die Paypal-Bestätigungsmail weiterleiten und eure Frage reinschreiben. Der Betrag ist bei unseren treuen Lesern dann egal. Wir freuen uns echt, wenn die Arbeit die wir hier leisten, gewertschätzt wird. 🙂


Ergänzung (drei Tage später), aufgrund eines Shitstorms in einem Segelforum (typisch Deutsch…): Natürlich habe ich immer alle Einnahmen durch die Kaffeekasse als solche in der Steuererklärung angegeben – und werde das auch weiterhin so tun.


Ergänzung Sommer 2020: Ich habe mich damals wirklich sehr über das Feedback gefreut, das ich bekommen habe. Klar, es gab auch einige Bemerkungen wie „das ist ja eine Frechheit, dass der Erdmann jetzt für seine Arbeit Geld haben will …“ Aber zugleich haben mir auch unheimlich viele Leute sehr positive Nachrichten geschickt, wie „ich wollte schon immer mal eine Frage stellen, habe mich aber nie getraut. Aber jetzt mache ich das. Super Idee!“ Auch Zustimmung von Leuten, die immer wieder ähnliches Erfahren, wie zum Beispiel Ärzte und Sachverständige. „Kann ich völlig verstehen“, schrieb mir ein Rechtsanwalt, „denn ich werde auch immer wieder Privat angemailt, häufig sogar von Freunden von Freunden, und gebeten: Du kennst dich doch aus, wie würdest du das beurteilen? Und da sitze ich dann und arbeite.“

Es gab zwar immer noch einige Leute, die nach dem Einwurf von 25 Euro in die Kaffeekasse dann zehn Fragen stellen, meist beginnend mit „sag doch noch mal schnell“ – und wieder andere, die in der ersten Mail schreiben „Ich bin kurz davor auf Schiffssuche zu gehen und werde dann gern deine 500-Euro-Flatrate annehmen. Aber sag doch vorab mal schnell: Was hälst du von dem Schiff? Oder von dem? Vorteile-Nachteile, was würdest du ändern?“ Sechs Mails später sind sie gut informiert, haben aber nichts bezahlt und ich höre nichts mehr von ihnen. 

Unter dem Strich hat die Regelung mit der Kaffeekasse aber gut funktioniert. Wir sind nicht reich geworden – ganz und gar nicht. Ist ja auch nicht so, dass ich genau darauf achte, dass jemand für jede Mail einen entsprechenden Betrag entrichtet. Im Gegenteil. Meist kamen 50 Euro und eine lange Mail mit Fragen, dann noch zwei weitere mit vielen Rückfragen. Die habe ich natürlich auch beantwortet. „For free“, versteht sich. Manche haben nur zehn Euro geschickt. Habe ich auch beantwortet. Aber wir hatten mehr Zeit, um in unserer knappen Freizeit mal wieder was anderes zu unternehmen, als Emails zu beantworten. 

Dieser Post war nun jedoch in den vergangenen drei Jahren sehr weit nach unten gerutscht und wurde wohl nicht mehr allzu oft gelesen. Also bin ich nun wieder da gelandet, wo ich vor drei Jahren schon einmal war: Fragen kommen zuhauf – und ich tippe.

Trotzdem: Es Freut mich sehr, dass das Angebot unter dem Strich so positiv angenommen wird. Weiter so! 🙂

Viele Grüße,

Johannes