Liebe Leser,
mittlerweile ist genau eine Woche vergangen, seit ich Cati per Mietwagen zum Flughafen nach Baltimore gefahren habe. Camden liegt genau mittig im Nirgendwo, deshalb war es eine lange Fahrt dorthin, 14 Stunden hinterm Steuer. Der Abschied war komisch. In den vergangenen 330 Tagen waren wir kaum mal mehr als ein oder zwei Stunden getrennt. Und nun plötzlich dreieinhalb Wochen? Unwirklich. Auch, alleine vom Parkplatz zu fahren und in ein leeres Boot zurückzukehren. Cati kommt erst am 27. September zurück.
An Bord habe ich dann gemerkt, dass Cati unsere einzige Haarbürste mitgenommen hat. Klar, sie hat ja auch die längeren Haare. Also habe ich die vergangene Wochen improvisieren müssen. Aber als Segler ist man das ja gewohnt:
Sie ist gut in Deutschland angekommen und hat die letzte Woche bei ihrer Mutter in der Nähe von Minden verbracht. Vielen Dank an alle, die Gute-Besserungs-Grüße gesendet haben. Die Entscheidung zurückzufliegen hat sich als richtig erwiesen. Wenn jemand, der einem wichtig ist, zuhause sehr ernsthaft erkrankt, macht das Segeln einfach keine Freude mehr.
Den Ort hier in North Carolina haben wir uns mit Absicht ausgesucht. Klein genug, dass mich inzwischen jeder kennt und ich überall in der Stadt Freunde wiedertreffe. Und genau das wollten wir erleben: Einwachsen in eine Kleinstadt der USA. Teil des Dorfes werden. Und das klappt bisher ganz gut.
Am Samstag hat mich mein Stegnachbar Jim zu einem großen Event mitgenommen. Sein Freund Patrick baut einen zwölf Meter langen Katamaran. Endlich war nun der Tag gekommen, an dem die beiden Sperrholzrümpfe umgedreht werden sollten. Eine Aufgabe, die fast den ganzen Tag gedauert hat. Mit Hilfe von selbstgebauten Behelfskränen, vielen Leinen und einer ganzen Menge Freunde ist es uns geglückt, die Rümpfe in die vom Konstrukteur erdachte Reihenfolge zu würfeln und sogar das Brückendeck aufzusetzen.
Am Tag darauf bin ich hier nebenan in die kleine Kirche gegangen und direkt vom Pastor zum Mittagessen eingeladen worden. Erst am späten Nachmittag war in wieder zurück an Bord. Eigentlich wollte ich noch ein bisschen arbeiten, aber auf dem Rückweg vom Klo bin ich dann ein paar anderen Liveaboards in die Arme gelaufen, die gerade dabei waren, ein Barbeque vorzubereiten. Dem Barbeque folgte ein Lagerfeuer – und zurück an Bord war ich erst sieben Stunden später …
Wir haben hier genau den richtigen Ort getroffen. Unheimlich viele extrem nette Leute, und jeder hat eine ungewöhnliche Lebensgeschichte zu erzählen.
Da fällt es manchmal schwer, die freundlichen Einladungen abzusagen, weil ich unter Deck sitzen und arbeiten muss. Aber das ist der zweite Grund, die Hurrikansaison hier in einer Marina in North Carolina auszusitzen: Ich muss endlich mal wieder ein paar YACHT-Geschichten tippen und auf Vorrat haben, damit wir im nächsten Winter ein paar tolle und spannende Monate in der zweiten Reihe der Karibik verbringen können: In Mexiko, Belize, Guatemala – und dann in Panama.
Wir haben ja vor einigen Monaten bereits verkündet, dass das ZDF leider keine weitere Folge unserer Reise produzieren lassen möchte, obwohl die Einschaltquoten wirklich gut waren. Deshalb sitzen wir auf etlichen Stunden gutem Filmmaterial, das wir euch natürlich nicht vorenthalten wollen. Ich bin zwar gerade gut mit Textarbeit versorgt, aber irgendwie werde ich es schon schaffen, das Material in einen Film zu verwandeln.
Da stellt sich nun aber die Frage, wie wir den Film am besten verpacken. Ich habe rechts auf der Website mal eine kleine Umfrage gestartet. Wie ist es euch lieber? Einen langen Film, zwei Mittellange oder öfter mal ein paar 10-Minuten-Teile?
Für die 10-Minuten-Teile spricht, dass es nicht so lange dauern würde, bis der erste Teil zu sehen ist. Außerdem kommt mein Uralt-Macbook dann vielleicht mit dem Material klar. Eher zumindest als mit einem großen Film. Beim Einlesen der ersten Speicherkarte ist die Kiste schon fünfmal abgestürzt. Einen großen Film zu schneiden kann also sehr langwierig werden.
Andererseits haben wir viel Feedback von Lesern bekommen, die unseren ersten Film aufgenommen und zusammen mit der ganzen Familie als Höhepunkt des Samstagabends geschaut haben, anstatt des üblichen Fernsehprogramms. Das hat uns sehr gefreut!
Beim Sichten des Materials habe ich schonmal ein kleines Video exportiert. Als kleinen Vorgeschmack – und um mal einen Eindruck zu bekommen, wie es ist dreieinhalb Wochen auf See zu sein.
5 Minuten Weite des Atlantiks from Johannes Erdmann on Vimeo.
Auf YACHT-Online habe ich mich vor ein paar Tagen mit der Frage befasst, was ein Boot eigentlich alles an Bord haben muss, um damit über Ozeane segeln zu können. Das Ergebnis könnt ihr HIER LESEN.
Johannes