… habe ich eine Email bekommen. Von einem jungen Australier namens Nick Jaffe.
Ich war gerade dabei, meine erste “Franc-tireur” über Ebay in den USA zu verkaufen. Il m'a dit, dass er auf den Spuren seines verstorbenen Vaters nach Deutschland gekommen ist, um herauszufinden, was für ein Mensch sein Vater war. Er hat ihn leider nie wirklich kennengelernt, weil er zu früh gestorben ist.
Nach einem Jahr in Deutschland machte er sich Gedanken. Hier hatte er schon ein “Maison”, hier lagen seine Wurzeln. Aufgewachsen war er in dem anderen Zuhause, Australien. “Dazwischen liegt solch eine große Strecke … Ich würden gern wissen, was auf dem Weg nach Hause alles liegt.” Er hatte gerade das Buch von Tanja Aebi gelesen, die mit einem 8-Meter-Boot um die Welt gesegelt war, als jüngste Frau. Diese Reise faszinierte ihn. Also passte er den Plan, nach Hause zu segeln. Segeln musste er aber erst noch lernen.
Für die Reise wollte er meine erste “Franc-tireur” kaufen. Doch ich riet ihm ab. “Das Boot hat seine beste Zeit hinter sich.”
Zwei Monate später trafen wir uns in Berlin auf einen Kaffee. Er hatte viele Bücher und Zeitschriften übers Segeln gelesen, hatte den Eindruck, man muss 20.000 Euro allein in Ausrüstung investieren. “Was brauche ich denn wirklich? Also … wenn ich das minimalistisch angehe?” - “Eigentlich brauchst du nur ein stabiles Boot, eine Papierkarte und ein Hand-GPS”, war meine Antwort.
Einige Monate später bekam ich eine Email aus England. “Ich habe mir eine alte Contessa 26 acheté”, sagte er, “so eine hatte Tanja Aebi auch. Aber es gibt noch einiges zu tun.” Ich riet ihm, das Boot nach Hamburg zu bringen, um es dort zu überholen. Dort könnte ich ihm gut dabei helfen. Ich bot auch an bei der Überführung zu helfen, ihm unterwegs das Segeln beizubringen. Wenige Tage später saß ich bereits im Bus nach London.
Zwei spannende und turbulente Wochen später ging ich in Holland von Bord, weil ich zurück nach Deutschland musste, mein Urlaub war zu Ende. In Emden, am Ende der Staandemast-Route, wollte ich wieder an Bord kommen, für die Seepassage nach Cuxhaven. Doch eine Woche später bekam ich eine Email. Er hatte auf dem Ijsselmeer umgedreht. “Ich habe irgendwie realisiert: Australien liegt in der Gegenrichtung” schrieb er mit einem Smiley dahinter. Auf meinen Einwand, dass das Boot wirklich noch eine Menge Arbeit benötigt, um für den Atlantik gewappnet zu sein, antwortete er “das mache ich unterwegs.”
Es war schon spät in der Saison. Aber es klappte alles. Auf den Kanaren steckte er schließlich viel Arbeit ins Schiff, segelte im April noch über den Atlantik nach Antigua, musste dort gleich wieder vor der Hurrikansaison flüchten und segelte hinauf nach New York, wo er Verwandtschaft hatte und eine Weile Arbeit fand. Da der Panamakanal viel Geld kostet, nahm Nick schließlich einen unkonventionellen Weg, um in den Pazifik zu gelangen: Er ließ das Boot mit einem Trailer quer durch die USA nach Kalifornien bringen und folgte im Mietwagen.
Ich habe vor zehn Jahren ein großes Porträt über Nick für die YACHT geschrieben. Der Titel “Mit sechs Rosinen nach Australien”.
Noch vor der Abfahrt lernte Nick in Berlin den ebenfalls australischen Filmproduzenten Jack kennen, der Nick immer wieder unterwegs besuchte. Aus der Reise ist eine fantastische Dokumentation entstanden: “Between home”. Oder auf deutsch (Untertitel möglich): “Zweimat”. Ein Mann auf der Reise zwischen seinen zwei Heimaten.
Ich komme darin auch immer wieder vor. Witzige Anekdote am Rande: In einem Dorf in Virginia/USA waren wir mal zum Grillen auf einem anderen Boot eingeladen. Da fragte mich einer der anderen Gäste plötzlich “Sag mal, bist du nicht der Typ aus ‘Between Home’?”
Nicks und mein gemeinsames Abenteuer mit “Constellation” est 13 Jahre zurück. Aber gerade habe ich diese spannenden Wochen noch einmal durchleben können, denn Nick hat vor kurzem sein (von mir langerwartetes) Buch herausgebracht. Darin ist die ganze Geschichte nachzulesen. Spannend auch seine Ansichten, wie er meine Reaktionen und Verhalten aufgefasst hat. SEHR lesenswert! 🙂
Hier meine Blogeinträge von damals:
Dover – Absprunghafen nach Holland
Hier könnt ihr den Film anschauen:
Und hier gibt es das Buch: