Durch den Kanal nach Kopperby

Ein schönes Gefühl, zurück nach Hause zu kommen. So fühlte es sich tatsächlich an, als der Leuchtturm Schleimünde an Steuerbord lag und wir am vergangenen Sonntagnachmittag im Pulk mit dutzenden anderen Segelbooten die Schlei hinauf tuckerten. Hinter uns lagen zwei anstrengende Tage: Am Freitagnachmittag schiffte sich die Crew – bestehend aus meiner Mutter Gabi (die zum ersten Mal eine längere Strecke an Bord war), meinem Onkel Uwe, Cati und mir – in Wedel ein. Das Wasser lief bereits ab, wir mussten schnell los kommen. Boot beladen, Maschine checken, … An der Tankpier wollten wir sicherheitshalber noch etwas Diesel tanken. Dort angekommen drückte mir die Frau des Hafenmeisters (Ostteil) wortlos den Rüssel in die Hand, schaute danach stumm in ihren Unterlagen nach, ob ich denn auch meine Liegegebühren bezahlt hatte. Das Boot verfügt über zwei 250-Liter-Dieseltanks, von denen ich aber seit letztem Herbst nur den Steuerbordtank in Betrieb habe. Die Tankanzeige ist kaputt, deshalb haben wir immer wieder mal ein paar Kanister nachgekippt und gehofft, dass der Sprit reicht. Sehr überrascht waren wir, als mir der Diesel nach 70 getankten Litern plötzlich entgegen kam. Voll! Wahnsinn, dann ist die Maschine doch sparsamer gewesen, als gedacht.

Anschließend ging es mit ablaufendem Wasser und sieben Windstärken aus Ost nur unter Großsegel die Elbe hinunter. Rauschefahrt. Brunsbüttel erreichten wir um 20 Uhr, wurden recht schnell in den Kanal geschleust und machte um 20.30 Uhr, zum Ende der Tagfahrzeit, im Schleusenhafen Brunsbüttel fest. Der Hafen war bereits recht voll. Im letzten Jahr war ich mit Cati und diesem Boot schon einmal dort, ebenfalls bei starkem Ostwind. Damals habe ich auf die harte Tour gelernt, dass das Schiff sehr seitenwindanfällig ist. Klar, bei dem hohen Aufbau, der gigantischen Sprayhood und den Solarpanelen. Kurz: Das Wenden im Hafen bei achterlichem Wind klappte nicht, wir standen quer, kamen nicht rum und drifteten auf eine Flotte Hallberg-Rassys zu. Panik! Glücklicherweise hat das Schiff eine recht große Dreiblattschraube. Volldampf zurück – schon wirkte das Ruder und wir fuhren rückwärts wieder aus dem Hafen, dann rückwärts wieder rein und längsseits an ein anderes Schiff.

Aus mir unbegreiflichem Grund dachte ich nun dennoch „ach, das klappt schon“ und bin wieder vorwärts reingefahren. Ein Platz längsseits an einer großen Hallberg-Rassy, etwas länger als wir, sollte es werden – aber vorher mussten wir wenden. Wieder klappte es nicht, wieder standen wir kurzzeitig quer im Hafen und drifteten. Scheinbar nichts gelernt seit dem letzten Mal. Knapp hinter uns war nun aber eine kleine Westerly eingelaufen, deren Rentnercrew erst spät bemerkte, dass wir ein wenig mehr Platz als drei Meter zum rangieren brauchen. Es wurde hektisch – aber letztlich fanden wir doch unseren Weg rückwärts wieder aus dem Hafen und rückwärts wieder hinein, längsseits an die Rassy. Als viertes Schiff im Päckchen. Helgoland-Feeling.

Vor zwei Monaten war ich in den Recherchen zu einem Artikel über den Nord-Ostsee-Kanal (YACHT 08/11) alle Liegestellen abgefahren. Damals sagte man mir, dass die Hütte des Pförtners, der früher das Liegegeld kassiert hat, nun durch einen neuen „Sicherheitscontainer“ ersetzt wurde. Dort im Container wusste aber niemand, wer für das Liegegeld zuständig ist. Mir schwante bereits, dass auch mit Saisonbeginn keine Regelung gefunden sein wird – und tatsächlich fanden wir nun niemanden, der sich für das Kassieren zuständig fühlt und auch keinen Hafenmeister. Um so besser! 😉

Nach einem leckeren Abend in der Pizza-Factory und einer Maxi-Pizza (36 cm) „Dracula“ für mich schliefen wir tief und fest. Cati erzählte mir am nächsten Morgen, dass das wohl an meinem irren Knoblauchgeruch gelegen haben mag und sie zeitweise Angst hatte, zu ersticken. Um kurz nach acht warfen wir die Leinen los und tuckerten los – gegen sechs Windstärken an. Normalerweise sind wir in Marschfahrt mit 5,5 Knoten unterwegs. Auf den geraden Strecken, während denen uns der Wind genau auf die Nase knallte, fuhren wir aber nun zeitweise nur knapp über 4 Knoten, wurden so stark zurückgedrückt. Mehr als zehn Stunden benötigten wir für die 100 km.

Genug Zeit, um einige aufgeschobene Arbeiten zu erledigen. Auf der Prioritätenliste recht weit oben stand das Seeventil einer Lenzpumpe. Das Lenzrohr sitzt mit einem Schlau verbunden direkt auf dem Borddurchbruch und immer, wenn wir auf Backbordbug segelten, gelangte Wasser durch das Rohr in die Bilge. Ein neuer Borddurchbruch aus Messing steht für kommenden Winter an. Dort drauf sitzt dann auch das Ventil. Nun wollte ich aber erstmal ein Provisorium schaffen, einen Schlauch auf den Durchbruch bauen und daran ein Ventil befestigen. Dann kann man es zumindest absperren. Über Kopf in der Staukiste am Kopfende der Gästekoje löste ich Schlauchschellen, zersägte das Rohr und zerrte daran. Irgendwann gab es nach und ich konnte durch den Borddurchbruch aufs Wasser gucken. Zehn Zentimeter darüber befindet er sich nur. Als dann der Schlauch drauf gesteckt war, entspannten sich meine Gesichtszüge.

Am Samstagabend machten wir an der Kieler Reventlou-Brücke fest. Direkt vor dem grandiosen Restaurant „Louf“. Vor drei Jahren habe ich dort eine Saison mit „Pathfinder“ gelegen, in der Zeit sind dort auch neue Sanitäranlagen gebaut worden. Witzlos, allerdings, wenn diese zeitgleich mit dem Restaurant „Seaside“ geschlossen werden und man nachts gut 15 min zum nächsten Klo nach Düsternbrook latschen muss.

Nach einen schönen Abend im „Louf“ ging es am Sonntagmorgen hinaus auf die Ostsee. Angesagt waren 4-5 Windstärken, ein bis eineinhalb Meter Welle. Doch das passte nicht ganz. Nachdem ich noch in der Förde über ein Reff im Groß nachgedacht habe und nur mit der kleinen Kutterfock plante, statt der Genua, flaute es dann schnell auf 1-2 Windstärken ab und wir konnten Vollzeug setzten. Drei Stunden später erreichten wir die Schlei.

Das Wetter hätte besser gar nicht sein können: Herrlicher Sonnenschein, der die grünen, hügeligen Felder und Wiesen zum Leuchten brachte. Mich erinnerte die Szenerie ein wenig an das Teletubbie-Land 😉 Ein kurzer Stopp in Kappeln zum Eis essen, bis die Brücke aufmacht – dann tauchte auch schon unser Heimathafen Kopperby am linken Ufer auf. Am Steg empfing uns mein Vater, der uns abholen und zurück zu den Autos nach Wedel bringen wollte – und pünktlich als wir vor dem Hafen eine Pirouette drehten, schlenderten auch Wilfried und Astrid Erdmann den Steg hinunter, nahmen unsere Leinen an. Ein wunderbarer Überraschungsbesuch. Zu siebt saßen wir anschließend bei Kaffee (Milch und Kuchen waren uns ausgegangen …) im Deckssalon, schauten auf die Schlei und erzählten.

Jetzt sind wir also in Kopperby. Der Sommer kann kommen. Und wir freuen uns darauf! 🙂

Johannes